Klimaneutralität bis 2050, grünes Wachstum und das für alle. So lautet der grobe Fahrplan der EU-Kommission unter Leitung von Ursula von der Leyen. Mit dem 2019 beschlossenen European Green Deal will sich Europa weltweit als Vorreiter in Sachen Klimaschutz positionieren. Gleichzeitig soll die Wirtschaft umgebaut werden und zwar so, dass ihr Wachstum unabhängig von Ressourcennutzung funktioniert und alle Menschen und Regionen dabei mitgenommen werden. Kommunen kommt in diesem ehrgeizigen Plan eine entscheidende Rolle zu. Denn sie sind letztlich die Orte, an denen Veränderungen und Innovationen stattfinden.
Zuerst aber einmal: Der European Green Deal ist kein Gesetz. Er ist auch keine Umweltpolitik im bisherigen Sinne. Vielmehr stellt er ein langfristiges Ziel dar, zu dessen Erreichung alle Mitgliedstaaten, Länder und Kommunen beitragen können. Innerhalb des Rahmens, den die EU mit ihrem Green Deal formuliert, soll in den kommenden Jahrzehnten eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft erfolgen – hin zu einer neuen nachhaltigen, sozialen Marktwirtschaft. Im Zentrum stehen dabei die sogenannten vier Ds: Dekarbonisierung, Digitalisierung, Dezentralisierung sowie demokratische Beteiligung und Entscheidung.
Konkrete Initiativen und Strategien
Auch wenn der Green Deal zunächst wie eine eher schwammige Vision erscheint, gibt es bereits eine Vielzahl an handfesten Initiativen und Strategien. Für Kommunen sind dabei die folgenden derzeit interessant:
Renovierungswelle kommt auf Kommunen zu
Nach Einschätzung von Michael Schmitz, Referent im Europabüro Brüssel des Deutschen Landkreistages, werden Kommunen vor allem stark von der Renovierungswelle betroffen sein, insbesondere durch den energieeffiziente Umbau öffentlicher Gebäude gemäß Energieeffizienzrichtlinie. Hier soll die Sanierungsquote auf 6 % (vormals 3 %) angehoben und auf alle Gebäude der öffentlichen Verwaltung (vormals nur Gebäude des Bundes) ausgeweitet werden, wie Michael Schmitz im Rahmen der Veranstaltung „Welche Rolle spielt der Green Deal für Kommunen“ der Regionalen Netzstelle Nachhaltigskeitsstrategien RENN.west N-Lab bereits im Februar 2021 sagte.
Die Null-Schadstoff-Strategie sowie die „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie werden in naher Zukunft vor allem den ländlichen Raum beschäftigen. Und Kommunen allerorten sollten sich bereits heute intensiv mit nachhaltiger Mobilität auseinandersetzen, denn bis 2030 sollen 60 % der von öffentlichen Gebietskörperschaften genutzten Fahrzeuge emissionsarm, die Hälfte davon emissionsfrei sein. Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wiederum dürfte für kommunale Abfallbetriebe interessant sein. Beispielsweise gibt es hier einen Vorschlag, die Systeme zur Getrenntsammlung von Abfällen zu harmonisieren, um Abfälle zukünftig effektiver zu sammeln und zu sortieren.
Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen des Green Deals
Der European Green Deal setzt viele Maßstäbe, die zur Verwirklichung kommunaler Nachhaltigkeitspolitik genutzt werden können. Aber: „Diesen vielen Bereichen stehen finanzielle Mittel gegenüber, die nicht alles abdecken, was zur Umsetzung der europäischen Maßnahmen nötig sein wird“, sagte Michael Schmitz im RENN.west N-Lab. Nichtsdestotrotz gibt es im Rahmen des Green Deals verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene. Die drei wesentlichsten sind die Aufbau- und Resilienzfazilität, die europäischen Struktur- und Investitionsfonds und der Fonds für einen gerechten Übergang.
- Europäischer Fonds für regionale Entwicklung: Fördert eine ausgewogene Entwicklung der verschiedenen EU-Regionen.
- Europäischer Sozialfonds: Fördert Arbeitnehmer, junge Menschen und Arbeitsuchende in Europa.
- Kohäsionsfonds: Finanziert Verkehrs- und Umweltprojekte in Ländern mit einem Bruttonationaleinkommen pro Kopf von unter 90 Prozent des EU-Durchschnitts.
- Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Finanziert besondere Herausforderungen, denen sich die ländlichen Gebiete der EU bei der Erreichung der Klimaneutralität gegenübersehen.
- Europäischer Meeres- und Fischereifonds: Unterstützt bei der Einführung nachhaltiger Fischerei und der Verbesserung der Lebensqualität an Europas Küsten.
Weitere Finanzierungsmöglichkeiten, die zur Erreichung der Klimaneutralität genutzt werden, sind Mittel aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), der Darlehensfazilität zur Förderung grüner Investitionen sowie des Programms InvestEU, welches nachhaltige Investitionen in allen Wirtschaftssektoren unterstützt und dazu beiträgt, dass nachhaltige Praktiken bei privaten und öffentlichen Investoren Verbreitung finden.