Heilbronn liegt etwa 50 Kilometer nördlich der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart. Die etwas mehr als 130.000 Einwohner zählende Käthchenstadt – benannt nach Heinrich von Kleists Schauspiel „Das Käthchen von Heilbronn“ – darf sich seit 2020 auch Universitätsstadt nennen. Kunst und Kultur prägen die Stadt bereits seit vielen Jahren, doch sie strebt danach, künftig auch mit Erfindungsreichtum, Wissenszuwachs und starken Nachhaltigkeitsprogrammen in Verbindung gebracht zu werden.
Heilbronn: Der Klimaschutz-Masterplan
Bei der Planung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen geht die Stadt Heilbronn mit gutem Beispiel voran: Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 eine vollständige Treibhausgas-Neutralität zu erreichen. Dafür hat die Stadt einen umfassenden Maßnahmenkatalog entwickelt, zu dem der priorisierte Ausbau von Gebäude-, Freiflächen- und Agri-Photovoltaik, der Ausbau von Windenergieanlagen, die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden, die klimafreundliche Umsetzung von Neubauten, der Ausbau dekarbonisierter Wärmenetze sowie die Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehr gehören.
Heilbronn und die umliegende Gegend am Neckar zählen zu den wärmsten Regionen Baden-Württembergs. Was auf den ersten Blick positiv klingt, ist bei genauerer Betrachtung in Zukunft jedoch kritisch zu sehen: Es gibt eine Tendenz zu extremen Wetterereignissen und längeren Hitzeperioden. Die Stadt ergreift Klimaanpassungsmaßnahmen, weil sie sich dieses Umstands bewusst ist. Hierzu gehören vor allem Entsiegelungsmaßnahmen im städtischen Raum sowie der Erhalt und Ausbau von Grün- und Freiflächen. Baumpflanzungskonzepte und eine Biodiversitätsstrategie ergänzen den Maßnahmenkatalog. Die Stadt Heilbronn setzt zudem auf eine dynamische Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und zum aktiven Mitwirken und Engagieren zu motivieren.
KI-Technologie von morgen made in Heilbronn
Die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit umfassen nicht nur Abfalltrennung, regenerative Energiegewinnung und die Vermeidung von CO2-Emissionen. Auch die Digitalisierung und die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) bieten viele Möglichkeiten, Nachhaltigkeit im Alltag zu etablieren. So entsteht ab 2025 auf dem 23 Hektar großen Areal Steinäcker in Heilbronn eines der größten und modernsten Ökosysteme, die die Zusammenarbeit zwischen Forschung, KI-Entwicklung und etablierten Partnern fördert, um sicherzustellen, dass KI-Technologien zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden – mitfinanziert durch ein starkes Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg.
Der vom Rotterdamer Architekturbüro MVRDV entworfene Mega-Campus Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) ist nicht nur architektonisch ein Highlight: Autofrei, mit viel Grün und einem intelligenten Design, das sogar den Herausforderungen der Klimaerwärmung strotzt, soll er auch zukünftig inhaltliche Unterstützung im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz bieten. KI kann in verschiedenen Lebens- und Arbeitsbereichen zur Nachhaltigkeit beitragen, beispielsweise in den Themenfeldern Landwirtschaft, Verkehr, Energie und Meteorologie. Bereits bestehende nationale Projekte wie der Einsatz von KI im Abfallmanagement (INTERNER LINK: https://www.klimaschutz-kommune.de/interview/ki-abfallmanagement/) können durch Forschung und Entwicklung noch einmal ausgeweitet werden. Damit strebt Heilbronn einen Platz auf internationalem Top-Niveau im Bereich KI und Zukunftstechnologie an.
Auf dem Weg zur Grünen Hauptstadt Europas 2027
Die Europäische Kommission hat die Bewerbung Heilbronns um den Titel „European Green Capital 2027” offiziell zugelassen. Gewinnt Heilbronn den Klimapreis, wäre sie nach Essen und Hamburg die dritte deutsche Stadt, die von der Europäischen Kommission ausgezeichnet wird. Ausgezeichnet werden europäische Städte, die sich besonders um Klimaschutz und die Etablierung nachhaltiger Umweltprogramme bemühen. Der Preis bringt keineswegs nur oberflächliches Prestige mit sich: Alle Finalisten und Gewinner engagieren sich in einem von der Europäischen Kommission organisierten Städte-Netzwerk. In diesem arbeiten sie in engem Austausch an Klimastrategien, Lösungen und Best Practices. Darüber hinaus unterstützen die Teilnehmer andere Städte auf dem Weg zur Klimaneutralität und stehen ihnen beratend zur Seite.
Mobilität und Verkehr zählen zu den Brennpunktthemen im Hinblick auf den Klimaschutz – auch in Heilbronn. Die Stadt am Neckar möchte den städtischen Verkehr auf besondere Weise entlasten. In naher Zukunft könnte der öffentliche Personennahverkehr um ein weiteres Verkehrsmittel ergänzt werden: Damit könnte Heilbronn die erste Stadt in Baden-Württemberg werden, die eine Seilbahn in den Stadtverkehr integriert. Den Bürgerinnen und Bürgern stünde so eine weitere umweltfreundliche Alternative zur Verfügung, um sich durch die Stadt zu bewegen. Geplant ist eine fast fünf Kilometer lange Strecke mit fünf Stationen, die von der Innenstadt zum IPAI führen soll.
Renaturierungs- und Bepflanzungskonzepte im Heilbronner Stadtgebiet
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Kommunen, dem Klimawandel proaktiv entgegenzutreten. Und manchmal sind es bereits kleine Anpassungen, die eine messbare Wirkung haben. In Heilbronn setzt man unter anderem auf Grünoasen in Form von sogenannten Klimawäldchen. Im Rahmen der Bundesgartenschau 2019 entstand das erste am Heilbronner Wollhaus: ein kleines Waldstück am Rande der Innenstadt, umgeben von Geschäften, Verwaltungs- und Wohngebäuden. Im Sommer können hier Temperaturunterschiede von bis zu 11 Grad erreicht werden. Nebelanlagen sorgen für eine angenehme Atmosphäre. Die verbesserte Luftqualität und die gesteigerte Biodiversität im städtischen Raum sind die weitere Vorteile. Was als Experiment zur Bundesgartenschau begann, wurde 2022 ausgebaut. Auf der Theresienwiese ist ein weiteres Klimawäldchen mit einer Fläche von etwas mehr als 750 Quadratmetern entstanden. Es bietet an heißen Tagen Platz zur Erholung und Abkühlung. Im Jahr 2024 wurde das Projekt sogar mit dem Baden-Württembergischen Landschaftsarchitekturpreis für Nachhaltigkeit und Klimaanpassung im urbanen Raum ausgezeichnet. Weitere Klimawäldchen sollen im Heilbronner Stadtgebiet folgen und noch mehr Abkühlung im heißen Sommer bescheren.
Auch die Stadtbegrünung steht in Heilbronn weit oben auf der städtischen Klimaagenda. Rund 48.000 Stadtbäume sorgen für ein grünes Ambiente und tragen gleichzeitig dazu bei, die Stadt an zukünftige Klimabedingungen anzupassen. Auch die städtischen Beete sind nicht nur hübsch anzuschauen, sondern wurden nachhaltig geplant. Mineralmulch hilft dabei, Wasser bei starken Regenfällen und anderen Extremwetterereignissen besser aufzunehmen, und verhindert zugleich, dass bei Hitzeperioden zu viel Wasser verdunstet. Großflächig angelegte Beete und Blühstreifen mit Wildblumen und Kräutern fördern zudem die Insektenvielfalt im Stadtgebiet.